Zwischen Magie und Alltag: Aber kann Die Wahrsagerin kleiner Schicksale mehr als cozy?


Written by Ginny
Zwischen Magie und Alltag: Aber kann Die Wahrsagerin kleiner Schicksale mehr als cozy?


Written by Ginny
Was passiert, wenn eine Wahrsagerin nur kleine Schicksale vorhersagt, um sich vor den großen, schmerzhaften Wahrheiten zu schützen? Julie Leong entführt uns in Die Wahrsagerin kleiner Schicksale in eine Welt, in der Magie, Freundschaft und die Suche nach Zugehörigkeit im Mittelpunkt stehen. Es ist ein Buch, das zwischen melancholischer Alltäglichkeit und zarter Hoffnung balanciert. Aber reicht das aus, um nachhaltig zu begeistern?
Worum geht's?
Tao zieht mit ihrem Maulesel durch das Königreich Eshtera und bietet ihre Dienste als Wahrsagerin an. Sie spezialisiert sich auf kleine Vorhersagen – wann es regnen wird, ob es eine gute Erntesaison wird, etc. – um sich vor den Konsequenzen großer Prophezeiungen zu schützen. Doch als sie einem ehemaligen Söldner (und einem (semi-)reformierten Dieb) hilft, deren entführte Tochter zu finden, wird sie in ein Abenteuer verwickelt, das ihr Leben verändert. Bald schließen sich ihnen eine abenteuerlustige Bäckerin und ein leicht magischer Kater an. Gemeinsam begeben sie sich auf eine Reise, die sie hoffentlich nicht nur zu der vermissten Tochter führt, sondern auch zu einer Familie, die sie nie erwartet hätten.
Hinweis: Vielen Dank an den Verlag zur Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Cozy – oder zu cozy?
Ich muss ehrlich sagen: Der Einstieg fiel mir schwer. Leongs Stil ist poetisch, ja – aber vor allem die Schachtelsätze haben bei mir zunächst mehr zu Verwirrung statt Stimmung geführt. Es dauerte eine Weile, bis ich mich mit den Charakteren und der Erzählweise anfreunden konnte. Doch je weiter ich las, desto mehr zog mich die sanfte Magie und die ruhige Atmosphäre in ihren Bann. Für Leser*innen, die schnelle Handlungsstränge bevorzugen, könnte der gemächliche Erzählfluss jedoch eine Herausforderung darstellen. Und auch wenn genau das der Charme von Cozy Fantasy ist – für mich war es streckenweise ein wenig zu gemächlich.
„Egal, was ich versuchte, die Leute änderten ihre Ansichten nicht. Sie sahen, was sie sehen wollten. Sie bemerkten nicht, wie sehr ich strahlte, sondern hatten bloß Augen für Apsinthion, der nur leuchtete, solange er neben mir stand.“
Found Family – leise, aber kraftvoll
Was das Buch jedoch wirklich ausmacht, ist sein Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen. Tao und ihre Gefährten – der einschüchternde Söldner Mast, der charmante Dieb Silt, die neugierige Bäckerin Kina und der leicht magische Kater – bilden eine Gemeinschaft, die sich durch Akzeptanz, Unterstützung und stille Zuneigung auszeichnet. Jeder von ihnen bringt seine eigene Geschichte und Verletzlichkeit mit, doch gemeinsam schaffen sie ein Band, das stärker ist als die Summe ihrer Teile. Der Gedanke an diese kleine, zusammengewürfelte Gruppe erfüllt mich auf jeden Fall mit einem ganz wohligen Gefühl im Herzen.


Immigrant Experience – leise und eindrucksvoll
Taos Suche nach ihrer eigenen Identität und Zugehörigkeit steht im Vordergrund der Geschichte. Sie ist Shinn-Immigrantin in Eshtera; ihre Mutter hat nach dem Tod des Vaters erneut geheiratet und so Taos Lebensmittelpunkt in ein anderes Land verlegt. Durch den Weggang aus ihrer Heimat verliert Tao auch einen wichtigen Zugang zu ihren Wurzeln. Taos Geschichte spiegelt die Herausforderungen wider, die mit dem Ankommen in einer neuen Welt verbunden sind – zwischen kultureller Entwurzelung, dem Streben nach Zugehörigkeit und dem Schmerz der Heimatlosigkeit. Diese Themen werden mehr oder weniger subtil, aber eindrucksvoll in die Erzählung eingewoben und verleihen der Geschichte eine emotionale Tiefe.
Episodische Erzählung
Die Handlung folgt beinahe einem episodischen Aufbau, in dem jede Etappe der Reise neue Herausforderungen und Entwicklungen mit sich bringt. Das führt leider stellenweise dazu, dass die Geschichte vor sich hin plätschert. Die kleinen Abenteuer, die die Gruppe erlebt, sind weniger von äußerem Konflikt geprägt, sondern vielmehr von innerer Entwicklung und zwischenmenschlichen Beziehungen. Für mich hätte es noch ein bisschen actionreicher sein können.
Fazit
Die Wahrsagerin kleiner Schicksale ist ein leises Fantasy-Abenteuer, das sich durch seine sanfte Magie und die kleine Gemeinschaft der Charaktere auszeichnet. Es ist kein Buch für Leser*innen, die schnelle Action suchen, sondern für diejenigen, die gerne ins Träumen geraten und dennoch über wichtige Themen sinnieren möchten. Für Fans von ruhigen, gefühlvollen Erzählungen mit einem Hauch Magie ist dieses Debüt von Julie Leong definitiv einen Blick wert.
Related Articles
Related
Emma – Jane Austens Klassiker als Graphic Novel
2025 ist ein besonderes Jahr für alle Jane-Austen-Fans: In diesem Jahr feiert die Autorin ihren 250. Geburtstag – und pünktlich dazu erscheinen viele ihrer Klassiker in neuem Jubiläumsgewand. So auch diese wunderschöne Graphic-Novel-Adaption von Emma, umgesetzt von...
All The Devils – Von Geheimgesellschaften, Dämonen und Dark Academia
Es gibt Themen, bei denen ich sofort schwach werde: Eliteinternate (hat bestimmt was mit Hanni & Nanni zu tun 😂), geheime Gesellschaften und eine gute Portion Dark Academia, wenn es denn gut gemacht ist ☝️. Als ich gesehen habe, dass All the Devils genau das alles...
Warum The Irresistible Urge to Fall for your Enemy für mich eher ein ‚Irresistible Urge to Dnf‘ war
Ein wichtiger Hinweis vorweg:Ich muss direkt mit einem Geständnis beginnen: Als ich das Buch beim Verlag als Rezensionsexemplar anfragte, war mir nicht bewusst, dass es sich bei The Irresistible Urge to Fall for your Enemy ursprünglich um eine Harry-Potter-Fanfiction...

Get in touch
Join
Hello there
Du hast Fragen, Anmerkungen oder Anregungen, die du gerne mitteilen möchtest? Dann lass doch gerne einen Kommentar da. Oder nimm gern Kontakt auf – ob über das Kontaktformular, per Mail oder via Social.